Strahlenmüll hier, Arbeitsplätze dort

Die Braunschweiger Zeitung berichtete darüber, dass in Goslar ein neues Institut für die Aufarbeitung der Asse-Akten eröffnet wurde, siehe http://www.braunschweiger-zeitung.de/region/neues-institut-fuer-asse-akten-id1156513.html

Am 14.10.13 haben wir die Niedersächsische Staatskanzlei und den Niedersächsischen Umweltminister wie folgt angeschrieben:

Sehr geehrte Damen und Herren,

mit Empörung und völligem Unverständnis haben wir der Presse entnehmen müssen, dass die 3.000 Aktenordner aus dem Asse-Untersuchungsausschuss und weiteres Material nicht im Landkreis Wolfenbüttel, sondern in Goslar wissenschaftlich aufgearbeitet werden sollen. Dort wurde jetzt ein neues Institut mit 8 – 10 neuen Arbeitsplätzen eröffnet. Das ist wirklich ein Schlag ins Gesicht der Menschen des Landkreises Wolfenbüttel.

In dem Zeitungsartikel vom 19.9.13 in der Braunschweiger-Zeitung wird der Standort Goslar wie folgt begründet:

1. Eck (Anm.: Institutsleiter) nannte als einen Grund für die Auswahl des Standortes die verkehrliche Zentralität Goslars.

2. Goslars Oberbürgermeister Oliver Junk fügte als Grund an „dass wir (Anm.: Goslar) als Wissens- und Forschungsstandort gut sind, ….“.

3. Die Oberharzer SPD-Landtagsabgeordnete Petra-Emmerich-Kopatsch hielt die Wahl für „folgerichtig, weil die meisten der Akten aus den Bergämtern im Kreis Goslar kommen“.

Frage zu 1:
Welche „verkehrliche Zentralität“ ist hier gemeint?
Goslar liegt nicht näher am Asse-Schacht oder der Asse-Infostelle, es liegt nicht näher an der Landeshauptstadt bzw. am Landesumweltministerium, es liegt nicht näher am Niedersächsischen Landesarchiv, es liegt nicht näher am Bundesamt für Strahlenschutz, es liegt nicht näher am Bundesumweltministerium als Wolfenbüttel.

Frage zu 2:
Wer sagt, dass Goslar ein besserer Wissens- und Forschungsstandort ist als unsere Region mit der Ostfalia und ggf. der TU Braunschweig u. a. mit dem dortigen Rechtsinstitut?
Da das neue Institut eigene Beschäftigte hat, kann das ohnehin nicht ausschlaggebend gewesen sein, zumal es „moderne“ Kommunikationsmittel wie Telefon, E-Mails und Internet gibt. Vielmehr wird andersherum ein Schuh daraus, durch das Institut wird der Wissens- und Forschungsstandort Goslar aufgewertet.

Frage zu 3:
Wieso ist der Standort „folgerichtig, weil die meisten Akten aus den Bergämtern im Kreis Goslar kommen“?
Weil das Landesbergamt die Einlagerung in das marode Bergwerk genehmigt hat, werden die darüber vorliegenden Unterlagen „folgerichtig“ in Goslar aufgearbeitet und nicht in der Region, in der der Schaden entstanden ist und vielleicht noch viel mehr Schaden entstehen wird?

Weitere Fragen:
Wer hat über den Standort des Instituts entschieden?
Gab es andere Gründe als die im Zeitungsartikel angegebenen, die für den Standort Goslar ausschlaggebend waren? Wenn ja, welche?
Wurde ein Standort im Landkreis Wolfenbüttel in Erwägung gezogen? Welche Gründe sprachen gegen einen Standort im Landkreis Wolfenbüttel?
Wann wurde darüber endgültig entscheiden?
Wurde vor der Entscheidung mit dem Landkreis Wolfenbüttel gesprochen? Wenn ja, mit wem?
Wie lautet der Auftrag für die weitere Aufarbeitung der Akten und sonstigen Unterlagen?
Welche Mittel werden in welcher Höhe für welche Zeit bereitgestellt?
Warum fiel die Entscheidung auf das IWW, eine Einrichtung des Helmholtz-Zentrums München? Wer hat dieses Institut vorgeschlagen? Wer hat diese  Entscheidung gefällt? Welche Alternativen wurden noch in Erwägung gezogen?

Die Akten sind Teil der Geschichte unseres Landkreises. Schämen sich die Verantwortlichen gar nicht, uns die Aufklärung und die wissenschaftliche Arbeit zu nehmen, nach dem Motto: Die haben ja schon den Müll, was brauchen sie noch die Akten für die Aufklärung.

Bei der Nacht am Schacht sagte uns Landesumweltminister Wenzel, dass seiner Ansicht nach das Zwischenlager in der Nähe der Asse sein müsste, weil keine andere Region den Müll nehmen würde. Dabei wird nicht geprüft, ob die Strahlenbelastung für die Dauer der Zwischenlagerung an einem anderen Ort geringer sein könnte oder die Lagerung sicherer wäre. Aber die Aufarbeitung der Akten, die werden von einer anderen Stadt samt der geschaffenen Arbeitsplätze und dem Imagegewinn natürlich gerne genommen.
Das BfS argumentiert für den assenahen Standort für ein Zwischenlager einzig und allein mit der Strahlenbelastung durch den Transport – ohne die Strahlenbelastung durch das Zwischenlager zu berücksichtigen. Der Transport der Asse-Akten nach Wolfenbüttel kann ja wohl nicht an der Strahlenbelastung gescheitert sein.

Es kann nicht sein, dass eine andere Region/Stadt die Asse-Akten aufarbeitet und dadurch qualifizierte strahlungsfreien Arbeitsplätze bekommt, die unserer Region und ihrem Image gut tun, und unseren Wissens- und Forschungsstandort aufwerten würden.

In dem o. g. Zeitungsartikel heißt es weiter: Niedersachsens Umweltminister Stefan Wenzel (Grüne) beschrieb die IWW-Arbeit als „Jahrhundertaufgabe“ mit einem Blick zurück als Hilfestellung für die Zukunft.

Wenn es denn eine Jahrhundertaufgabe ist, dann gehört sie hier in unsere Region. Dann können sich die Experten die Unterlagen gleich am Standort ansehen. Vor allem aber wollen wir, dass die AnwohnerInnen die Möglichkeit haben, sich vor Ort über den Stand der Auswertungen zu informieren und ggfs. auch Akteneinsicht zu nehmen, ohne dass sie den Weg nach Goslar auf sich nehmen müssen, wenn sie die Belastung schon vor der Tür haben. Wir wollen, dass die hiesigen SchülerInnen und Schüler privat oder als schulische Veranstaltung, das Institut besuchen und sich informieren können.

Wenn Sie als Landesregierung oder das Landesumweltministerium für die Standortentscheidung zuständig ist, fordern wir Sie auf, Ihre Entscheidung zu revidieren und das Institut in Absprache mit den regionalen Vertretern des Landkreises Wolfenbüttel und der Gemeinden um die Asse in unseren Landkreis zu verlegen. Das wir das erst jetzt fordern, ist dem Umstand geschuldet, dass wir von dem Institut erst durch den Bericht über dessen Eröffnung erfuhren und wir seitdem mit anderen Problemen zu Asse II beschäftigt waren/sind.

Wenn die Landesregierung oder das Landesumweltministerium für die Standortentscheidung nicht zuständig ist, bitten wir uns entsprechend zu informieren.

Mit freundlichem Gruß
Wolfenbütteler AtomAusstiegsGruppe

i. A. Eleonore Bischoff

… weil wir für unser Leben gern hier leben!

PS: Mit Interesse haben wir zur Kenntnis genommen, dass der Präsident des BfS, der es trotz eines erheblichen Konfliktes nicht für notwendig hielt, der Einladung zur letzten Sitzung der Begleitgruppe zu folgen, an der Eröffnung des Instituts teilnahm. Offensichtlich beschränkt er sich seit einiger Zeit auf repräsentative Auftritte.