Transparenz nach Gutsherrinnen-Art

Repro-Projekt-Asse-Bundesanstalt-fuerAm 18.5.2015 berichtete die Welt unter Überschrift „Die Mission impossible der deutschen Atompolitik“ über die Schachtanlage Asse II. In diesem Artikel wurde auch auf ein Arbeitspapier der Bundesanstalt für Geowissenschaf-ten und Rohstoffe mit Sitz in Hannover hingewiesen. In diesem Arbeitspapier  wurde u. a. ausgeführt, dass das „erwartete Hauptsalz der Staßfurt-Folge im gesamten Bohrverlauf nicht angetroffen worden“ sei und sich „die Salinarstruktur der Asse im zu bewertenden Teufenbereich stark verengt“.

Ob daraus der Schluß gezogen werden kann oder muss, dass der Schacht V an dieser Stelle nicht abgetäuft werden kann, war offenbar zwischen der BGR und dem Bundesamt für Strahlenschutz strittig. Die BGR hat in einer Presseklärung mittlerweile ergänzend dargestellt „Dies schließt allerdings den Bau eines Schachtes am Standort grundsätzlich nicht aus.“

Das Wort „grundsätzlich“ führt immer das Wort „aber“ mit sich.

So auch in diesem Fall:

Aber die BGR führt weiter aus: „Endgültige Aussagen zur Salzstruktur der Asse können erst nach Vorliegen der geochemischen Untersuchungen und weiterer untertägiger Georadarmessungen sowie ggf. weiterer untertägiger Bohrungen gemacht werden.“

Zum Schluß der Presseerklärung stellt die BGR dar: „Derzeit konzentrieren sich die Arbeiten der BGR auf die geologische Erkundung der vom geplanten Schacht 5 und von der Rückholung der Abfälle betroffenen Bereiche der Salzstruktur und der unmittelbar umgebenden Gebirgsbereiche. Hierfür hat die BGR alle zur Verfügung stehenden Unterlagen vom BfS und der Asse-GmbH gesichtet und nach Stand von Wissenschaft und Technik bewertet.“

Zwischenstand

Wenn man diese Aussagen zusammenfasst,  kann man daraus schließen:

– Die Probebohrung hat ergeben, dass eine andere Salzstruktur vorgefunden wurde.

– Die Äußerung, dass dadurch der Schacht V an dieser Stelle nicht gebaut werden könne, war u. U. vorschnell.

– Grundsätzlich kann nach heutigem Stand der Schacht V auch in der jetzt festgestellten Salzstruktur abgetäuft werden. Ob dies nach weiteren Untersuchungen auch tatsächlich möglich ist, ist noch offen.

Geheimpapier

Die Tatsache, dass es Differenzen zwischen dem BfS und der BGR bestanden haben, ist durch die Medienberichterstattung bekannt geworden. Wenn wirkliche Transparenz gewollt wäre, würden die Papier der BGR und die Stellungnahme des BfS öffentlich gemacht.

Statt dessen werden die Präsentation und die Erläuterungen als Geheimsache behandelt. Weder die BGR noch das BfS stellen sie der Öffentlichkeit zur Verfügung.

Auch dem fachlichen Unterstützungsgremium des gebetsmühlenartig als „vorbildhaft“ dargestellten Asse-2-Begleitprozesses, der AGO-R (Arbeitsgruppe Optionenvergleich – Rückholung), stehen die Unterlagen nicht zur Verfügung.

Dass dadurch den Wissenschaftler faktisch die Kompetenz abgesprochen wird, das Papier unter dem Hintergrund der vorausgegangenen Diskussion zu würdigen und zu bewerten, ist schon bemerkenswert.

Garantin für Transparenz oder Schutzengel für den Betreiber?

Die amtierende Landrätin, die gleichzeitig Vorsitzende de Asse-II-Begleitgruppe ist, hat auf dessen letzten Sitzung ausdrücklich abgelehnt, dass die Mitglieder der AGO-R das Papier der BGR erhalten, da es sich nur um ein Zwischenergebnis handele.

Wenn sie die Interessen der Region vertreten hätte, hätte sie darum gekämpft, dass der AGO-R das Papier zur Verfügung gestellt wird, damit sich die Begleitgruppe aufgrund der Expertise eine eigene Meinung bilden kann und eine Empfehlung an die A2B aussprechen kann.

Ein solche Empfehlung könnte lauten, dass vorsorglich mindestens ein Alternativstandort gesucht und auf seine Eignung untersucht wird, um zu vermeiden, dass es zu erheblichen Zeitverzögerungen kommt, die bei der Bergung des Atommülls dringend vermieden werden müssen. Davon jedoch keine Spur.

Es ist offen, ob die Landrätin das Papier kennt. Aber das Ergebnis wirft so oder so ein erschreckendes Bild auf die Art und Weise, wie sie den Vorsitz der Begleitgruppe führt.

Kennt sie das Papier nicht, entscheidet sie ohne Grundlage oder vielleicht sogar auf Zuruf.

Kennt sie das Papier und leitet sie es in eigenmächtiger Entscheidung nicht an die Mitglieder der Begleitgruppe und der AGO-R weiter, handelt es schlichtweg um Zensur.

In einem demokratischen Gemeinwesen ist weder das eine noch das andere Verhalten in Provinzfürstinnenmanier hinnehmbar.

Die größtmögliche Transparenz, die sich die Begleitgruppe auf die Fahnen geschrieben hat, macht die  Landrätin zur Makulatur.

Die Landrätin hat sich während der letzten Begleitgruppensitzung wie ein Schutzengel vor das BfS gestellt und hat Fragen, die an das BfS gestellt wurden, gleich selbst beantwortet.

Dies ist eine Praxis aus dem (fiktiven) Handbuch „Mediation für Anfänger“. Der direkte Konflikt zwischen streitenden Parteien wird umgangen, in dem eine vermeintlich neutrale Person, die Auffassungen der sich äußernden Partei formuliert. Damit zieht diese „neutrale“ Person Kritik auf sich und der Konflikt zwischen den Streitparteien wird entschärft. Ein sich aufgeschaukelter Streit um den Gartenzaun mag so – auf eine psychosozialen Ebene – entschärft werden können.

Die Probleme, die sich an der Schachtanlage Asse II auftürmen, müssen nicht entschärft, sondern gelöst werden. Die Suche nach einer sachgerechten Lösung erfordert hartes Ringen um den richtigen Weg auf einer wissenschaftlich und auch politischen Ebene, die immer bestimmen wird, welchen Stellenwert der wissenschaftlichen Expertise zugestanden wird.

Wer in diesem Prozess auf Mediation setzt, handelt zu tiefst unpolitisch.

Politik betrifft das Gemeinwesen – also uns alle.

Mediation nur das Verhältnis einzelner Akteure im Gemeinwesen.

Die Folgen

In den vergangenen Monaten war der Begleitprozess intensivst beschäftigt – mit sich selbst.

Die von der AGO-R thematisieren Probleme der Betonierung und der fehlenden Drainage rückten immer mehr in den Hintergrund und spielen mittlerweile in der öffentlichen Diskussion kaum noch eine Rolle – aber betoniert wird weiter.

(Teil 2 folgt)