Sammeleinwendung gegen den beantragten Um- und Ausbau der Brennelementefabrik in Lingen

Die WAAG bittet um Unterstützung der folgenden Sammeleinwendung:

Gegen den beantragten Um- und Ausbau der Brennelemente-Fabrik Lingen mit dem Zweck,

dort künftig auch hexagonale Brennelemente für Reaktoren russischen Typs herzustellen

(Bekanntmachung v. 20.12.2023, Ref42-40311/06/12/23/40-0003-006), erhebe ich folgende

Einwendungen:

  1. Eine kontinuierliche Sicherheit von Atomanlagen jeglicher Art ist nicht möglich. Die Gestaltung der Sicherheitsanlagen für Atomanlagen müssen vom jeweils aktuellen Stand der Bedrohungsszenarien ausgehen. Veränderte Bedrohungsszenarien stellen eine Sicherheitslücke dar und erfordern eine Anpassung der Sicherheitsinfrastruktur in vielfältiger Hinsicht. Diese Notwendigkeit kann sich beispielhaft in der Form von verstärkten Zugangssicherungen, ausgeweiteten Schutz vor Drohnenangriffen und in der Weiterentwicklung des Schutzes gegen technische Eingriffsmöglichkeiten (z. B. mit Hilfe der sog. künstlichen Intelligenz) ergeben. Es ist jedoch immanent, es zwischen dem Erkennen eine Sicherheitslücke und dem Schließen dieser Lücke ein Zeitraum besteht, in dem die Atomanlage nicht ausreichend gegen Eingriffe geschützt ist. Diese Zeiträume des unzureichenden Schutzes können Monate bis Jahre umfassen. Siehe hierzu: Zwischenlager – Sicherheitslücken unvermeidlich – WAAG – Initiative für eine atomenergiefreie, ökologische und soziale Zukunft (wordpress.com)
  1. Mit einer Ausweitung der Produktion steigen auch vor Ort die Sicherheitsgefahren und die Belastungen und die Risiken der in Punkt 1 beschriebenen Sicherheitslücke erheblich. Eine viel größere Menge an radioaktivem Material wird verarbeitet und gelagert werden als derzeit der Fall. Auch das Unfallrisiko in der Fabrik selbst und beim Umgang mit dem gefährlichen Uranhexafluorid erhöht sich. Unfälle wie der Brand am 6. Dezember 2018 zeigen, dass der Betreiber diese Risiken nicht ausschließen kann.
  1. Die Ausweitung der Produktion fördert den Weiterbetrieb gefährlicher Atomreaktoren

in ganz Europa, wie dem nur 60 km von Deutschland entfernten tschechischen AKW Temelín oder dem bulgarischen AKW Kosloduj. Zudem unterstützt es die Bestrebungen des Kreml, weitere Rosatom-AKW auch in Europa zu errichten. Beides erhöht die Atomgefahren und die energiepolitische Abhängigkeit. Bundes- und Landesregierung müssen ihren Versprechungen endlich Taten folgen lassen und sich für ein Ende der Atomfabrik Lingen einsetzen.

  1. Durch die Brennelemente-Fabrik in Lingen werden auch die schwedischen Atomkraftwerke in Forsmark und Ringhals versorgt. Diese Atomkraftwerke befinden sich über die Uniper/Unipro mit Miteigentum der Bundesrepublik Deutschland.

Einerseits den Atomausstieg zur verkünden, aber gleichzeitig den (Mit-)Betrieb von Atomkraftwerken im Ausland zu betreiben, führt zu einem Glaubwürdigkeitsproblem. Dieses Glaubwürdigkeitsproblem wird verstärkt, wenn diese Reaktoren auch noch Brennelementen aus der Bundesrepublik Deutschland (als Atom-Ausstiegsland) versorgt würden.

  1. Der Betrieb von Atomanlagen und deren internationale Beziehungen ist immer von internationalen Entwicklungen abhängig.

Aktuell stehen dabei die Verknüpfungen und die Beteiligung mit dem russischen Atomkonzern Rosatom im Fokus. Hierzu nehmen wir im Punkt 6 detailliert Stellung.

Niemand kann jedoch absehen, wie sich geopolitische Verhältnisse in den nächsten Jahren und Jahrzehnten verändern können und welche Rolle dabei die Brennelemente Fabrik in Lingen direkt oder indirekt – durch die Produktion oder die Ermöglichung der Produktion von atomwaffenfähigen Uran – spielen kann.

Die Produktion von Brennelementen in Lingen kann somit direkt oder indirekt dazu beitragen, dass ein Atomkrieg möglich wird oder die Produkte der Brennelementefabrik in Lingen direkt oder indirekt in einem Atomkrieg eingesetzt werden. 

Aus diesen grundsätzlichen Gründen der Friedenssicherung ist daher eine Weiterbetrieb der Brennelementefabrik in Lingen ablehnen und zu beenden.

  1. Um dies zu verdeutlichen, nehmen wir exemplarisch in der aktuellen politischen Lage auf die folgenden nicht zu akzeptierenden Risiken Stellung:
  • Die geplante Produktion von Brennelementen in Lizenz und unter Mitwirkung und Beteiligung des staatlichen russischen Atomkonzerns Rosatom öffnet dem Kreml die Türen zur nuklearen Infrastruktur in Deutschland. Die Brennelemente-Fabrik Lingen verfügt über sicherheitsrelevante Informationen zu zahlreichen Atomanlagen in Europa. Das Risiko für Spionage und Sabotage ist besonders hoch, die atomrechtlich geforderte Zuverlässigkeit bei einer Kooperation mit Rosatom nicht gewährleistet.
  • Die Bundesregierung kam in einem Investitionsprüfungsverfahren Anfang 2022 zum Ergebnis, dass die Zusammenarbeit mit Rosatom bei der Brennelemente-Fertigung in Lingen die Sicherheitsinteressen Deutschlands und seiner Verbündeten gefährdet. Die Ergebnisse dieser Prüfung müssen zwingend in das atomrechtliche Genehmigungsverfahren einbezogen werden.
  • Der Einstieg von Rosatom in Lingen würde zudem den politischen Einfluss Russlands auf die europäische Energiepolitik vergrößern und auf EU-Ebene bereits diskutierte mögliche Sanktionen gegen den russischen Atomsektor unterlaufen. Das öffentliche Interesse steht dem Vorhaben in vielfacher Weise entgegen. Stattdessen ist es notwendig, dass sich das Land Niedersachen dafür einsetzt, dass durch die Bundesrepublik Deutschland keine Ausnahmeregelungen nach der EU-Verordnung 833/2014 Artikel 2 Ziffer 4 c mehr erteilt werden.“

 

Listen können hier heruntergeladen, ausgedruckt, unterschrieben und bei der Mahnwache am 5.2. (Wolfenbüttel, Durchgang zum Stadtmarkt) oder am 14.2. bei der „offenen Scheune“ (Gr. Vahlberg, Am Lahbusch) abgegeben werden. 

Die Listen können auch bis zum 26. Februar 2024 direkt an: Bündnis AgiEL – Atomkraftgegner:innen im Emsland, c/o Alexander Vent, Lohner Str. 4, 49808 Lingen geschickt werden.